EUROPÄISCHER TAG DES NOTRUFS

112 – Die Nummer, die Leben rettet

Anlässlich des jährlichen „Europäischen Tag des Notrufs“ am 11.2., möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick hinter die Kulissen des Notrufs 112 im Stadt- und Landkreis Karlsruhe gewähren.
Beginnen wir jedoch erst mit einer Exkursion in die Geschichte des Notrufs – Die Notrufnummer 112 kennt heutzutage fast jedes Kind. Allerdings war das vor ca. 70 Jahren noch anders und weit vom heutigen Standard entfernt. Die Notrufnummer 112 gibt es in Deutschland schon seit den frühen 50er Jahren. Nutzbar war sie jedoch nur in wenigen Großstädten, die diese geschaltet hatten. Die Notfallrettung spielte keine große Rolle im Alltag, hier und da waren ehrenamtlich besetzte Unfallhilfen/Notfallhilfen (heute ist der moderne Rettungsdienst 365 Tage im 7/24 Betrieb) im Einsatz, gesetzliche Regelungen waren so gut wie keine vorhanden und es gab keine einheitliche Rufnummer, um ein Hilfeersuchen anzuzeigen. Ob im Notfall wirklich Hilfe kam und wann sie kam, stand in den Sternen geschrieben. Hilfsfristen, rund um die Uhr besetzte Leitstellen, Rettungs- oder Notfallsanitäter, moderne Telekommunikationssysteme, medizinische Geräte o. ä., alles, was heute für die Notfallrettung von Bedeutung und obligatorisch ist, war damals entweder unbekannt, nicht weit verbreitet oder aufgrund der sehr hohen Anschaffungskosten undenkbar.
Der 3. Mai 1969 – eine Tragödie wird zur Hoffnung für Hilfesuchende

Björn, ein lebensfreudiger Knabe im jungen Alter von 8 Jahren, war nach einem Schwimmbadbesuch mit seinem Vater Siegfried Steiger auf dem Weg nach Hause, als das Unglück geschah. Der Junge war von einem Auto erfasst und verletzt worden. Trotz der sofortigen Hilfeanforderung bei der Polizei und dem Rotem Kreuz durch Passanten, dauert es fast 1 Stunde bis die Hilfe ankommt. Später erfährt der Vater im Krankenhaus, dass sein Sohn auf dem Weg in die Klinik verstorben sei. Björn starb nicht an seinen Verletzungen, sondern an einem Schock.
Noch im selben Jahr, und zwar am 7. Juli 1969, gründen seine Eltern Ute und Siegfried Steiger die Björn-Steiger-Stiftung, eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, die deutsche Notfallhilfe zu verbessern. Trotz sehr großen anfänglichen Schwierigkeiten und dem fehlenden politischen Interesse gelingt es den Beiden dennoch, mit Unterstützung der damaligen Bundespräsidentengattin Hilda Heinemann und derer Kontaktvermittlung zu Bundesministern, Meilensteine für den heutigen modernen Rettungsdienst und den einheitlichen Notrufnummern 110 und 112 zu legen.
Anfangs keinerlei politisches Interesse, im Winter 1973 dann der Durchbruch – nach einer abgewiesenen Klage Siegfried Steigers gegen das Land Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland wegen unterlassener Hilfeleistung und in Sachen einheitlicher Notrufnummer deutschlandweit, erhält dieser eine dermaßen starke Unterstützung von der Öffentlichkeit, sodass am 20. November 1973 die Einführung des bundeseinheitlichen Notrufs auf der Sitzung der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler Willy Brandt beschlossen wird. Die Notrufnummern 110/112 werden in der Bundesrepublik nach und nach, flächendeckend als Notruf Polizei und Notruf Feuerwehr/Rettungsdienst eingeführt.
Erwähnenswert ist auch, dass die Notrufnummern nicht wie nach heutigem Vorbild immer kostenlos zu erreichen waren. Bis 1984 musste man in Telefonzellen noch 20 Pfennig einwerfen, damit man den Notruf erreichen konnte.

1991 – Die Europäische Union vereint sich auch in Sachen Notrufnummer

1991 beschließt der EU-Ministerrat die Einführung der europaweiten Notrufnummer 112. Jedes EU-Mitgliedsland muss sich dieser 3 Ziffern bekennen. Nationale Notrufnummern sind zwar weiterhin erlaubt, die 112 aber unumgänglich. Mittlerweile wird die 112 auch weit außerhalb der EU genutzt. Ist man beispielsweise in Südafrika, Russland, Island, der Türkei, Algerien oder vielen anderen Nationen weltweit auf Reisen, kann man im Notfall die 112 wählen. Mit europäischen Mobilfunk-SIM-Karten kann man ebenso in den USA, Australien und Neuseeland die 112 wählen und wird automatisch auf deren nationale Notrufnummer 9-1-1 umgeleitet. Die 112 ist für jeden Anrufer ohne Länder- oder Ortsvorwahl, vom Festnetz und vom Mobiltelefon zu jederzeit und kostenlos erreichbar. Wenn das eigene Mobilfunknetz zum Beispiel nicht verfügbar ist, können Mobilfunknutzer dennoch einen Notruf absetzen und werden aushilfsweise über ein Fremdnetz umgeleitet. Wer die 112 wählt, wird in allen Netzen vorrangig geschaltet.

11.2. wird zum Europäischen Tag des Notrufs

Im Jahr 2009 wurde der 11. Februar (11.2.) durch das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und die EU-Kommission zum Tag des Europäischen Notrufs erklärt. Umfragen bestätigen immer wieder, dass die Entscheidung, eine europaweit gültige Notrufnummer einzuführen, richtig war. In Deutschland ist nur ca. 25 % der Bevölkerung bekannt, dass man über die 112 den Notruf in der gesamten EU erreichen kann, die Tendenz des Bekanntheitsgrads ist aber stetig steigend.



Was passiert, wenn man im Stadt- und Landkreis Karlsruhe die 112 wählt?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der gemütlichen Familienrunde und plötzlich geschieht ein Unglück oder es tritt ein medizinisches Problem auf. Beispielsweise kollabiert die Großmutter am Esstisch oder stolpert über den Teppichläufer, stürzt zu Boden und zieht sich einen Knochenbruch zu. Am allerwichtigsten ist: Ruhe bewahren und auf Ihre eigene Sicherheit achten! Nehmen Sie sich ein Telefon, wählen Sie die 112! Um Ihnen schnellstmögliche Hilfe zukommen zu lassen, müssen die Kollegen*innen der Integrierten Leitstelle Karlsruhe, folgendes wissen:

- Wo ist der genaue Notfallort?
- Was ist geschehen?
- Wer ruft an?
- Warten auf Rückfragen!

Legen Sie niemals in der Aufregung das Telefon auf, bevor Sie die Anweisung bekommen und lassen Sie sich von den Leitstellendisponenten*innen durch das Gespräch führen! Genau genommen heißt das für Sie als Anrufer*in, kurz und knapp aber gezielt auf die gestellten Fragen zu antworten. Je einfacher die Abfrage erfolgt, umso schneller kann die Hilfe im Notfall entsandt werden.

Nach dem Grundprinzip der klassischen W-Fragen, wie man es in der Ersten Hilfe gelehrt bekommt, arbeitet ein/e Leitstellendisponent/in zwar noch immer, allerdings hat die Arbeit in der Leitstelle viele positive Fortschritte gemacht, sodass die Mitarbeiter der Leitstellen nicht mehr als Knöpfchen-Drücker angesehen werden. Es sind professionell notfallmedizinisch ausgebildete Kollegen*innen des Rettungsdienstes und/oder Feuerwehrbeamte, die Ihnen in jeder Lebenslage zur Seite stehen können. Sie geben Hilfe- oder Verhaltensanweisungen am Telefon und leiten Sie, wenn nötig durch das Notfallgeschehen, bis Hilfe am Notfallort ankommt.

Der Notruf 112 im Stadt- und Landkreis Karlsruhe ist 7 Tage, 24 Stunden und 365 Tage im Jahr besetzt und kostenfrei für jeden Hilfesuchenden erreichbar. Die Kollegen*innen stammen größtenteils aus dem Personalpool der 3 Träger und Betreiber der Integrierten Leitstelle Karlsruhe. Diese sind das Deutsche Rote Kreuz Kreisverband Karlsruhe e. V., die Stadt Karlsruhe/Branddirektion Karlsruhe und der Landkreis Karlsruhe. Außerdem verrichten Mitarbeiter*innen der beiden Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und ProMedic gGmbH ihren Dienst in der Integrierten Leitstelle Karlsruhe. Sie arbeiten in verschiedenen Schichtmodellen, sodass zu jeder Uhrzeit ausreichend Disponenten*innen zur Verfügung stehen, um Sie im Notfall zu unterstützen und durch diese Ausnahmesituation zu begleiten. Es befinden sich 19 vollwertige Einsatzleitplätze in der Integrierten Leitstelle Karlsruhe. Diese können bei Großschadenslagen wie Unwetterlagen etc. um 10 Ausnahmeabfrageplätze erweitert werden. Die Ausnahmeabfrageplätze werden durch ehrenamtliche Feuerwehrkameraden*innen, der sog. Leitstellenunterstützungsgruppe, besetzt.

Das Versorgungsgebiet des Karlsruher 112 Notrufs erstreckt sich über den Stadt- und Landkreis Karlsruhe und hat eine Gesamtfläche von ca. 1260 km². Insgesamt wohnen in diesem Bereich ca. 800.000 Menschen. Im Jahr 2021 wurden vom Notruf 112 in Karlsruhe mehr als 139.000 Rettungsdienst- und Krankentransporteinsätze, ca. 16.000 Feuerwehreinsätze und über 32.000 Einsätze des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes abgewickelt und koordiniert. Im Durchschnitt waren das über 500 Einsätze und 1430 Telefonate in 24h.

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